Campingplatz am Strand von Tarragona

Camping in Katalonien: Weinberge und Menschentürme

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Es ist ein ungewöhnlicher Spätsommertag in Tarragona. Nach herrlich sonnigen Tagen hat es zu regnen begonnen. Zum Glück. Niemals wären wir sonst so viel nach drinnen gegangen – in Katakomben und Paläste. Wir hätten nicht den 250 Jahre alten Kerzenladen Casa Corderet entdeckt, durch dessen Geheimtür einst Bürger dem Gemetzel bei der Erstürmung der Stadt unter Napoleon entkamen. Wir hätten nie mit Xavier geplaudert, dem Ladeninhaber in der dritten Generation, während er die Schaufenster für das Fest der Stadtheiligen Tecla dekoriert: Dazu müssten wir auf jeden Fall wieder kommen, sagt er. Wir versprechen es. Zunächst aber fahren wir ins Hinterland. Eine knappe Stunde und wir stehen im Klosterhof von Poblet. 28 Ordensbrüder leben hier. Tagsüber ziehen sie sich zurück und öffnen ihr Haus Besuchern, die meist auf der Route der Zisterzienser unterwegs sind.

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Wir staunen über die Dimensionen des Klosters, das im 12. Jahrhundert gegründet wurde – zum Dank für die Rückeroberung der Region von den Muslimen. Besonders schmuckvoll ist die Architektur, mit klug durchdachten Wirtschaftsräumen, der typischen Palmsäulenkonstruktion im Weinkeller und dem mit 87 Metern längsten Kloster-Schlafraum Europas. Anfangs liefert der Regen die Hintergrundmusik, dann verstummt auch der. Als wir nach einer Stunde die Klostertür hinter uns schließen, sieht die Welt frisch geputzt aus. Wie ein Spot strahlt die Sonne auf Poblet zwischen Rebstöcken und Olivenbäumen. Und es wird noch schöner mit einem doppelten Regenbogen auf dem Weg zurück ans Meer. Dort genießen wir im „Chiringuito“ von Camping Joan den Apéritiv im schönen Abendlicht.

Tolle Campingplätze an der Costa Daurada

Seit der kleine Campingplatz am Rande des schmucken Badeortes Cambrils renoviert wurde, ist seine gemütliche Bar hier an der Strandpromenade der Treffpunkt für Gäste und Einheimische gleichermaßen. Die Costa Daurada ist Kataloniens südlichste Küste. Sie erstreckt sich zwischen Sitges und Ebro-Delta über gut 200 Kilometer und ist mit feinkörnigen, sanft abfallenden Sandstränden ein ideales Ziel für Badeurlauber. Zudem punktet die Goldküste mit einer Vielzahl bestens ausgestatteter Campingplätze. Sanguli in Salou etwa, das neben klassischem Camping und perfekter Infrastruktur für internationale Fußballteams jetzt auch Glamping mit Afrika-Flair in Lodges und Safari-Zelten anbietet. Oder Torre del Sol direkt am Strand von Miami Platja, wo wir uns täglich zwischen Poolanlage, Meer und Salzwasser-Whirlpool entscheiden dürfen.

Von der Küste in die Berge

„Das Besondere hier ist, dass wir ganz schnell auch in den Bergen sind“, sagt Anna, die seit ihrer Kindheit in einem der Dörfer hinter der Küste lebt. Sie schickt uns ins Priorat, das traditionsreiche Weinbaugebiet an den Hügeln der Serra de Montsant. Bald wird die Landschaft rau, von zerklüfteten Schluchten durchschnitten. Die wenigen Dörfer schmiegen sich bilderbuchmäßig an die Hänge. Drum herum knorrige Olivenbäume und Weingärten. In Falset halten wir an, spazieren durch die Gassen, trinken unter den Arkaden am Marktplatz Cortado (ein kleiner Kaffee mit Milch) und kosten bei „Priorat Natur“ kraftvolle Olivenöle, Konfitüre und Romesco, eine würzige Paste auf Basis von getrockneten Paprika, Tomaten, Knoblauch und Mandeln, die zu Fisch, Salat oder Brot serviert wird.

Schräg gegenüber liegt die Kooperative mit dem imposanten Weinkeller, erbaut 1919 unter Führung des Modernisme-Architekten und Gaudí-Schülers Cesar Martinell. Alles in dem hohen, dreischiffigen Raum sei optimal für die Weinproduktion angeordnet, erzählt Präsident Ricard, während er die steile Treppe zur Dachterrasse hochklettert. Von hier hat man nicht nur einen wunderbaren Blick über die Rebberge von Montsant und Priorat, eine der exklusivsten Weinregionen Spaniens. Hier draußen lagert auch in großen grünen Ballons der Rancio. Ein Jahr lang ist der junge Wein allen Witterungseinflüssen ausgesetzt, ehe er im Fass zu einem sherryartigen Getränk reift. Mit frischen Trauben und Nüssen im Gepäck brechen wir auf zum einstigen Kloster Cartoixa d’Escaladei, nach dessen Priorat die ganze Region benannt wurde – und zweifeln, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Kein Dorf, keine Autos, nur ab und zu ein Schild.

Relikte vergangener Epochen

Diese Abgeschiedenheit schätzten die Kartäuser-Mönche aus Grenoble, als sie 1290 in das von König Alfons II. gegründete Kloster am Fuß der Felswände kamen. Ruhig, mit Quellwasser aus den Bergen und umgeben von fruchtbarem Land, in dem auch die mitgebrachten Rebstöcke bestens gediehen. Nicht mehr viel ist von der alten Anlage erhalten, doch was geblieben ist, zeugt von der Bedeutung Escaladeis. Für den Rest hilft Gerard nach, dessen Familie aus dem Dorf nebenan kommt. Als junge Burschen hätten sie in den überwucherten Fundamenten Indiana Jones gespielt, erzählt er mit Begeisterung. Anschaulich lässt er aus Ruinen eine Bibliothek erstehen, zeigt an einer Brunnenfassung das Medaillon mit der Leiter als Symbol für Escaladei und führt uns in die rekonstruierte Mönchszelle, von deren kleiner Terrasse aus man weit über das Tal und in die Berge sieht.

„Dort drüben war die letzte Bastion der Mauren“, sagt Gerard und deutet auf Siurana. Das winzige Dorf ist definitiv nichts für Besucher mit Höhenangst. Es liegt so exponiert auf dem Fels, dass es lange nicht zurückerobert werden konnte. Als es doch so weit war, soll der Legende nach die Mauren-Königin Abdelazia mit ihrem Pferd in den Abgrund gesprungen
sein – „Salt de la Reina Mora“ heißt die Stelle daher. Heute tummeln sich in Siurana Kletterer. Der Erste, der am „Sprung der Mauren-Königin“ kletterte, war der Berchtesgadener Alexander Huber, erzählt man uns im Refugi Siurana, dessen Gastraum teils wie eine Höhle in den Stein gehauen ist. Nach Tagen zwischen Meer und Bergen fahren wir noch einmal nach Tarragona. Es ist ein strahlend schöner Morgen. Vor dem Aussichtsplateau „Balkon des Mittelmeers“ glitzert das Meer.

Auf den Plätzen der Altstadt herrscht reges Treiben. Überall Gruppen in gleichen Hemden: Castellers. In ein paar Stunden werden sie alle antreten, um zu Ehren der Stadtheiligen Tecla ihre Menschentürme zu bauen. Dafür müssen sie sich erst mal stärken. „Castellers-Frühstück“, sagt Mario und zeigt auf den Teller mit Würstchen,
Bohnen und Kartoff eln. Der junge Mann gehört zu den Xiquets de Tarragona, einem der alteingesessenen Klubs, die seit Generationen diese Tradition pflegen, in der es vor allem um Gemeinschaft geht. Egal wie groß, wie schwer, wie alt – alle werden gebraucht, um die eindrucksvollen Türme zu schaffen. Bis zu zehn menschliche Ebenen hoch werden sie auf dem Platz vor dem Rathaus in den stahlblauen Himmel gebaut: ein Riesenspektakel.

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Fotos Gunnar Knechtel

Letzte Aktualisierung: 16/09/2021
Author: Heidi Siefert